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Artenvielfalt — Was macht die Karlsruher Politik?

Das Podium mit den Kandidat*innen und Experten (von links nach rechts): Karin Binder (Linke), Lüppo Cramer (KAL; gewählt), Markus Schneider (Für Karlsruhe), Sven Maier (CDU), Aljoscha Löffler (Grüne, gewählt), Ute Rieger (Moderation), Peer Giemsch (Freie Wähler), Nikolai Ditzenbach (FDP), Anton Huber (SPD, gewählt), Manfred Verhaagh und Thomas Breunig (Experten) Fotos: Anja Herschbach/BUND

Andree Keitel beim Vortrag
Blick in die Runde der Zuhörenden

Im Rahmen des Kommunalwahlkampfes hatten BUND, BUZO, LNV, NABU, Naturfreunde und Naturtreff Grötzingen am 15. Mai in den Zieglersaal zu einer Veranstaltung zu den Themen Artenvielfalt und Biodiversität eingeladen. Da diese wichtige und komplexe Thematik bei früheren Veranstaltungen meist von anderen Fragen überlagert wurde, haben wir uns dieses Mal einen ganzen Abend lang ausschließlich mit der Biologischen Vielfalt beschäftigt. Beim zahlreich erschienenen, bis zum Schluss sehr konzentrierten Publikum kam dies gut an.

Zuerst stellte Andree Keitel vom BUND in seinem einführenden Vortrag „Artenvielfalt — wozu?“ sehr anschaulich die Grundlagen aus wissenschaftlicher Sicht dar.

Weltweit gibt es geschätzt 8 bis 15 Millionen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, von denen 1,8 Millionen bekannt und dokumentiert sind. Im Rahmen der Evolution entstehen durch Mutation und Anpassung an Umweltbedingungen laufend neue Arten und verschwinden welche. Allerdings ist die aktuelle Aussterberate von Arten 10-100x höher als die natürliche Evolution, verursacht von den Belastungen durch uns Menschen. Die großen Treiber dafür sind die industrielle Landwirtschaft, die Vernichtung von naturnahen Flächen und die Übernutzung natürlicher Ressourcen. Der Artenverlust in diesem Ausmaß gefährdet das Überleben der Menschheit, denn er destabilisiert Ökosysteme und gefährdet die „Ecosystem Services“ genannten Naturleistungen wie zum Beispiel sauberes Wasser, Nährstoffkreisläufe, Abbauprozesse oder die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen. Ethisch betrachtet haben alle Arten einen Wert an sich, der beim Verschwinden der Art verloren geht.

Leider lassen sich die Folgen des Biodiversitätsverlustes nicht wie die des Klimawandels mit physikalischen Modellen prognostizieren, dazu sind die Zusammenhänge zu komplex. Aber bestimmt gibt es hier ebenso Rückkopplungen und Kipp-Punkte und vor allem sind Artenverlust und seine Folgen irreversibel. Beim Erhalt der Biodiversität geht es letztlich nicht um das Wohl von Tieren oder Pflanzen, sondern um das Wohl unserer Enkelkinder.

Mit seinem Vortrag hatte uns Andree Keitel gut mit der Bedeutung der Artenvielfalt vertraut gemacht und das Podium für die Diskussionsrunde auf der Bühne inhaltlich vorbereitet.

Die Verfasserin übernahm die Moderation. Los ging es in Runde 1 um das Freihalten offener Flächen in Karlsruhe. Manfred Verhaagh betonte die Bedeutung von Freiflächen für die Biodiversität. Die in Karlsruhe durch Bebauung gefährdeten Gebiete Stupferich Neue Mitte (Wohnen), Neureut Gottesauer Feld (Gewerbe) und Zentrum III (Wohnen), Knielingen West 1+2 (Gewerbe) wurden angesprochen. Während Knielingen West keine der Kandidat*innen bebauen möchte, bekannte sich bei den anderen Flächen einzig Karin Binder zu einem generellen Stopp von neuer Flächenversiegelung. Wenigstens zeigten sich alle offen dafür, in den Bebauungsplänen Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt vorzuschreiben.

In Runde 2 ging es darum, dass naturnahe Flächen Geld kosten und dass für mehr Wildnis ein Umdenken erforderlich ist. Thomas Breunig erläuterte geeignete Maßnahmen und betonte die Wichtigkeit der Kontinuität dieser Maßnahmen über viele Jahre. Eine gute Möglichkeit wäre die Schaffung von Naturpunkten, kleineren begrenzten Flächen über die Stadt verteilt, auf denen sich eine natürliche Flora und Fauna entwickeln darf. In der Diskussion hoben die Kandidat*innen verschiedene Aspekte hervor, die ihnen wichtig sind. Hier wurde eine Fülle von Möglichkeiten deutlich, zwar alle kleinerer Art, aber das macht Hoffnung.

In der letzten Runde war der Wald das Thema. Manfred Verhaagh hob den Stellenwert des Waldes für die Artenvielfalt hervor und mahnte eine maßvolle Nutzung mit ausschließlich heimischen Bäumen an. In der Diskussion wurde von allen lobend hervorgehoben, dass die Stadt Karlsruhe hier viel behutsamer vorgeht als das Land, das reichlich Holz schlagen lässt. Auch eine Vergrößerung der Bannwaldfläche von heute ca. 1 % der Karlsruher Waldfläche können sich die meisten Kandidat*innen gut vorstellen.

In den Gesprächen wurde deutlich, dass die Erhaltung der Artenvielfalt über alle politischen Lager hinweg vielen am Herzen liegt und die Diskussionen nicht so ideologisch belastet sind wie anderes im Umweltbereich. Gleichwohl ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten, bis der unschätzbare Wert der Biologischen Vielfalt bei der Politik und den Bürger*innen im Herzen verankert ist und die dringende Notwendigkeit von entsprechendem Handeln erkannt wird. Viel zu oft wird auch bei uns in Karlsruhe noch die schnelle und bequeme Nutzung von Natur als passend angesehen. Wir hoffen, das alle Teilnehmenden gute Anregungen von dem Abend mitgenommen haben, für ihre beruflichen und privaten Tätigkeiten. Natürlich hoffen wir ganz besonders, dass die gewählten Kandidaten und Kandidatinnen im neuen Gemeinderat Biodiversität bei allen ihren Entscheidungen mitdenken und fördern.

Zum Schluss bedanken wir uns bei allen Helfer*innen und dem Team der Gaststätte Akropolis, die so vielfältig zu der gelungenen Veranstaltung beigetragen haben.

Ute Rieger

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