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  Pro Bahn   

Endlich neue Bahnlinien bauen und die Geschwindigkeit erhöhen!

Neue Schnellfahrstrecken werden durchaus noch gebaut, hier ein Überholgleis kurz vorm Rastatter Tunnel, Bündeltrasse mit B  36 rechts und bald vielleicht auch Radschnellweg links, aber Planung und Bau dauern viel zu lange; Foto: Heiko Jacobs
Exkursion zum Schnellfahrstreckenbau 1984, hier Forster Tunnel nördlich von KA: Bauen im Grundwasser; Foto: Heiko Jacobs

Fast jede Milchkanne hat einen Autobahnanschluss und die Bahn zockelt nebenher

In einer Pressemitteilung der Deutschen Bahn und weiteren europäischen Bahnunternehmen im Juli 2023 wurde festgestellt, dass in Deutschland nach wie vor kein landesweites Hochgeschwindigkeitsnetz für Schnellzüge existiert. Eine Auswertung der Allianz pro Schiene zeigt, dass sich die Zahl der Strecken, auf denen Züge mehr als 200 km/h fahren dürfen, an wenigen Fingern abzählen lässt. Das Verkehrsbündnis fordert einen Ausbau für den Deutschlandtakt und die konsequente Integration in das europäische Netz, damit im Inland und im grenzüberschreitenden Verkehr die Schiene endlich einmal mit Auto und Flugzeug konkurrieren kann.

Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, sagt dazu: „Entscheidend ist, dass die Gesamtreisezeit für die Nutzer attraktiv ist. Insbesondere in den Grenzregionen gibt es heute kaum Verbindungen, auf denen Züge schnell unterwegs sein können. Wer jetzt in der Urlaubszeit etwa zwischen Frankreich und Deutschland unterwegs ist, erlebt, wie die Züge an der Landesgrenze zu Deutschland gefühlt auf Bummeltempo runterbremsen. Das Potenzial der Schiene als Alternative zum innereuropäischen Flugverkehr wird durch die nicht vorhandene Verzahnung mit dem europäischen Hochgeschwindigkeitsnetz unnötig geschwächt.“

Dabei liegt mit dem Deutschlandtakt bereits ein detailliertes Konzept vor, wie mit einer zielgerichteten Kombination von Aus- und Neubaumaßnahmen deutlich kürzere Reisezeiten nicht nur zwischen den Metropolen, sondern bis in die Fläche erreicht werden können. Allerdings lässt die Umsetzung weiter auf sich warten.

Ein wichtiges Ziel der geplanten Verkehrswende ist eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030, um damit einen großen Teil des MIVs und des Flugverkehrs auf die Schiene zu verlagern. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Schienenwege ausgebaut werden, was allerdings in Teilen der Bevölkerung auf starke Ablehnung stößt, sogar in den Reihen der Umweltbewegung. Dabei ist die kritische Haltung von Umweltschützern gegenüber Baumaßnahmen berechtigt angesichts des nimmer endenden Flächenverbrauchs. Allerdings, in den vergangenen Jahrzehnten gab es kaum Widerstand gegen Straßenbau, so dass die Straßenbauer aus dem Vollen schöpfen konnten und kaum Rücksicht auf Natur und Landschaft nehmen mussten. Jetzt hat man erkannt, dass es so nicht weitergehen kann, und die Bahn mit ihrem riesigen Nachholbedarf muss diese Folgen des Flächenfraßes ausbaden und hat es deshalb jetzt viel schwerer, irgendwelche Projekte zu realisieren.

Auch Politiker ziehen sich den Umweltmantel an, wenn es um Bahntrassen geht, nicht bei Straßenprojekten. So kämpft der SPD-Vorsitzende Klingbeil gegen eine NBS Hamburg — Hannover und erklärt gleichzeitig, dass die Bahn ja gar nicht so schnell sein bräuchte. Auch teilte er jüngst in der Bildzeitung mit, dass er sehr gerne Auto fahre und dass „jeder sich so fortbewegen (kann) wie er will“. Vor kurzem konnte ich eine Diskussionsrunde mit Lokalpolitikern im regionalen Fernsehen zur geplanten NBS Mannheim — Karlsruhe verfolgen. Der vereinfachte Tenor: Man ist nicht gegen die Bahn, aber bitte woanders, z. B. linksrheinisch durch die Südpfalz. Eine Bündelung zur Autobahn wurde abgelehnt, weil die Bündelungskapazität überschritten sei und zusätzlich die Autobahn ausgebaut werden solle. Dagegen gab es aber keinen Widerstand. Dies zum Thema Unterstützung der Verkehrswende durch die Politik!

Weitere Bahnprojekte, die hauptsächlich von ortsansässigen Politikern bekämpft wurden und immer noch werden, könnten ein ganzes Buch füllen.

Lange galt in Umweltkreisen die Forderung nach Erhöhung der Benzinpreise und Einführung der Kerosinsteuer als passendes Mittel, um damit die Verkehrswende zu erreichen. Dieses Vorhaben ist krachend gescheitert. Als die Grünen vor über zwanzig Jahren die Einführung der Ökosteuer forderten, was sich auch auf den Benzinpreis ausgewirkt hätte, fiel die Partei in Umfragen auf einen absoluten Tiefstand. Ebenso erging es der Partei mit der Forderung nach Einschränkung des Flugverkehrs. Und natürlich wird das schnelle Verkehrsmittel Flugzeug auch im Kurzstreckenverkehr von manchen Grünen gerne genutzt.

Ähnlich verhielt es sich mit der Forderung, keine Autobahnen mehr zu bauen. Jetzt sollen neue Autobahnen einen grünen Anstrich bekommen, und zwar mit Solarzellen am Straßenrand. Eine generelle Ablehnung von anderen Straßen, oft als Umgehungsstraßen verkauft, gibt es ohnehin schon lange nicht mehr.

Selbst Forderungen nach Geschwindigkeitsbegrenzungen im überörtlichen Straßenverkehr werden nur noch leise, wenn überhaupt, ausgesprochen. Bei den Koalitionsverhandlungen der jetzigen Ampelregierung wurde ein Tempolimit durch die FDP und SPD strikt abgelehnt.

Allmählich erobert sich der Elektroantrieb seinen Platz im „Umweltverbund“. Die sogenannte Elektrifizierung des Straßenverkehrs ist das Schlupfloch für den MIV, um so weiterzumachen wie bisher. Subventionierungen für die Elektroautos gibt es in Hülle und Fülle. Jüngst gab es ein Programm, das 10.200 Euro versprach, wer ein Elektroauto besitzt oder dafür einen Kaufvertrag abgeschlossen hat und gleichzeitig sein Einfamilienhaus mit Solarzellen ausrüstet, um damit kostenlos sein Auto zu betanken. Wer ein kritisches Wort über den Autoverkehr verliert, wird mit dem Begriff Elektroauto mundtot gemacht. Die Folge ist, dass der ohnehin schwache Gegenwind für den Autoverkehr einschläft und eine Verkehrswende in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Statistische Zahlen belegen das Gesagte: Der Bestand an Kraftfahrzeugen, allein über 60 Millionen in Deutschland, nimmt immer noch zu, ebenso die Zahl der Fluggäste. 8,2 Milliarden Flugpassagiere wird es gemäß einer Prognose von IATA im Jahr 2037 geben. Die Passagierzahl hätte sich in diesem Fall seit dem Jahr 2017 mehr als verdoppelt.

Welche Maßnahmen bleiben, bei welchen besteht gesellschaftlicher Konsens, um mehr Menschen zum Umstieg vom Auto oder Flugzeug in die Bahn zu bewegen?

Es gibt Kriterien, die die Verkehrsmittelwahl mehr oder weniger stark beeinflussen. Neben Zuverlässigkeit, Komfort, Verfügbarkeit, Preis, Ambiente spielt die Reisezeit die zentrale Rolle bei den Überlegungen, welches Verkehrsmittel gewählt wird.

Deshalb muss unter den gegebenen Rahmenbedingungen alles getan werden, um den Eisenbahnverkehr zu beschleunigen. Und da liegt die Allianz pro Schiene mit ihrer Feststellung, dass es kaum Schnellstrecken für die Bahn gibt, genau richtig. Die Verkehrswende kann also nur erreicht werden, wenn alle Kräfte gebündelt werden, um endlich ein dichtes Schnellfahrnetz in Deutschland zu errichten und dieses Netz dann auch noch mit den übrigen Schnellfahrnetzen in Europa zu verknüpfen. Geschwindigkeiten von über 300 km/h müssen dabei angestrebt werden, wenn etwas erreicht werden soll.

Eine höhere Geschwindigkeit bzw. ein daraus resultierender Reisezeitvorsprung bei konkurrierenden Verkehrssystemen beeinflusst den Modal Split. Sichtbar daran, dass in der Vergangenheit schnellere Verkehrsmittel immer in ihrer Marktbeherrschung die langsameren ablösten. Ein besonders dramatisches Beispiel war die Verdrängung der Überseeschifffahrt durch das Flugzeug. Beim Urlaubsverkehr hat das Flugzeug den Eisenbahnverkehr fast vollständig verdrängt, obwohl in der Regel Start- und Zielbahnhof näher liegen als die Flughäfen und damit besser zu erreichen sind. Aber die enorm hohe Geschwindigkeit des Flugzeuges innerhalb der gesamten Transportkette sorgt für seine Wahl. Auf diese Tatsache haben sich auch Reisebüros und Reiseveranstalter eingestellt. Sie bieten in der Regel Reisen mit dem Auto, dem Bus oder mit dem Flugzeug an. Nur auf wenigen ausgewählten schnellen Strecken kommt auch die Eisenbahn zum Zuge. So genießt einzig der ICE und vergleichbare Systeme in einigen europäischen Staaten, nicht allein wegen günstiger Reisezeiten, sondern auch wegen seiner Maximalgeschwindigkeit, ein gutes Image und trägt dazu bei, dass das System Eisenbahn nicht noch mehr beim Modal Split abgehängt und ganz unter die Räder kommt. Die Mehrheit der Bevölkerung will schnellere Eisenbahnen, darin besteht Konsens!

Europa wird weiter zusammenwachsen und damit auch das Verkehrsaufkommen und die Verkehrsbedürfnisse innerhalb des Kontinents. Und nur mit einer schnellen Eisenbahn auf neuen und vielen Ausbaustrecken lassen sich Verkehr vom Auto, Lkw und Flugzeug auf die Schiene verlagern.

Das Fazit, das daraus zu ziehen ist: Alle Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die Reisezeiten mit dem Rad-Schiene-System zu verkürzen, müssen unterstützt werden.

Gerhard Stolz

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