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eHighway — Stop falsch oder guter Weg?

Einer der Test-Lkw beim Stopp an der Ampel, gerade mit abge senk tem Stomabnehmer, mit recht treffender Frage auf dem Schild, die im Heft in den Titel integriert wude; Alle Fotos: Heiko Jacobs
Nach dem Gruppenfoto wird der Lkw inspiziert
Lkw auf der Strecke
Pantograf im Monitor und auf dem Dach
Unser ehemaliger Landesvorsitzende Matthias Lieb bei der Diskussion um die Lkw-Technik
Mit angelegtem Pantograf auf der Kraftfahrstraße
Blick auf die Fahrleitungsanlage aus dem Lkw heraus

Aus dem Editorial:
Brauchen wir nicht eigentlich dringend eine Konsum- und Verkehrswende statt nur einer Antriebswende? Ja, natürlich, aber ebenso dringlich müssen wir uns um die Antriebswende kümmern für die Übergangszeit und die Restverkehre danach. Bei Pkw ist das mit E-Autos einfacher als bei Lkw, wo der schwere Akku die Nutzlast reduziert und dann für das gleiche Transportvolumen mehr Lkws fahren müssten, daher kann ein Blick auf Alternativen der Stromzuführung durchaus sinnvoll sein. Deshalb hat sich der Landesverband den eHighway im Murgtal genauer angeschaut, auf gut deutsch: den Oberleitungs-Lkw.

Am 13. Juli lud unser VCD-Landesverband zur Besichtigung der eHighway-Teststrecke im Murgtal ein, also mitten im Gebiet unseres Kreisverbands. Daher bin ich kurzfristig mitgefahren. Im Vorfeld gab es auch Kritik an der Besichtigung. Denn dieser Lkw mit Oberleitung sei „nur“ eine Antriebswende, wo wir doch eine Verkehrswende bräuchten, dafür stünde eigentlich der VCD, oder sogar die Konsumwende!

Brauchen wir wirklich jedes Jahr immer das Neueste vom Neuen aus dem Elektronikmarkt? Oder tut es das alte Smartphone noch paar Jahre länger? ... wenn nicht die bösen Gesetze der Gravitation zuschlagen. Dann stellt sich die Frage: Kann man's noch reparieren (bessert sich nun mit neuen EU-Gesetzen) und lohnt sich das noch? Wenn etwas genutzt wird, muss kein Ersatz transportiert werden. Und muss es immer vom anderen Ende der Welt kommen? Da führen Corona-, Ukraine- und Energiekrise und verstopfter Suezkanal bzw. Piraten etc. vielleicht langsam zur Erkenntnis, dass globaler Handel so seine Haken hat, wollen wir die wirklich in der Zukunft? Das könnte See- und Luft-Verkehr sparen.

Als nächster Schritt einer echten Verkehrswende wäre unser alter Spruch „Güter auf die Bahn“ ins Spiel zu bringen. Aber unser Schienennetz ist doch eher im desolaten Zustand. Rund ein Fünftel der Tonnenkilometer befördern Bahnen, damit gehen diese schon an die Kapazitätsgrenze, für mehr müsste massiv ausgebaut werden. Als ehemaliger Bremerhavener verfolge ich das Drama beim Ausbau der Hafenhinterlandanbindungen, nun als Karlsruher das Drama des Ausbaus im Oberrheintal. Wird aus Konsum- und Verkehrswende noch was bis 2050, wenn wir eigentlich klimaneutral sein wollten? Und was ist in der Übergangszeit? Und danach noch mit dem Restverkehr, der sich nicht vermeiden oder verlagern ließe? Also doch auch ein mal den Blick auf die Antriebswende werfen ...? Mehrere Möglichkeiten gibt es:

Diesel durch Biokraftstoffe zu ersetzen wäre klimaschonender, aber deren Produktion steht in scharfer Konkurrenz zur ebenso nötigen Lebensmittelerzeugung. Wie im Energieartikel im u&v 2/23 gesehen, wäre auf gleicher Fläche Photovoltaik viel effizienter. Möglich, aber noch ineffizienter wäre der Einsatz von Wasserstoff und „E-Fuels“. Beide werden zudem dringender in der Industrie und im Luftverkehr benötigt. So kommt man schnell zum Strom. Elektromotoren haben zudem den großen Vorteil, viel zugkräftiger zu sein als Verbrenner. Genau deswegen gibt es etwa in Solingen und Esslingen noch O-Busse, die kommen dort besser die Berge hoch. Und deswegen gibt es Oberleitungs-Lkws schon weltweit im Tagebau, auch schon gegen Ende der DDR in Bitterfeld.

Reine Akku-Lkws gibt es schon lange. Bei Lieferdiensten in der Stadt setzen sie sich immer mehr durch. Sie haben aber wegen der großen Akkus eine deutlich geringere Nutzlast = mehr Lkw auf unseren Straßen? Ungünstig. Deswegen testet man weltweit insbesondere zwei Systeme der Stromzuführung zum Laden beim Fahren: Induktiv und Oberleitung. Bei ersterer ist der Aufwand für die Ausrüstung der Strecke hoch und es muss gewährleistet werden, dass nur der Abschnitt mit Strom beschickt wird, auf dem gerade ein passendes Fahrzeug fährt, sonst gibt es „Nebenwirkungen“. Die Effizienz unter diesen Rahmenbedingungen wird kritisch betrachtet. Und bei Störungen ist die Reparatur sehr aufwändig (Straße wieder aufreißen), es sollte aber weniger störanfällig sein?

Klassische O-Bus-Technik hat den Nachteil, dass die Stangenstromabnehmer im Stand eingehängt werden, beim Spurwechsel etc. auf der Autobahn etwas suboptimal ... Der Schleifschuhverschleiß ist hoch. Dafür ist die Spurführung deutlich flexibler, was in Städten, wo O-Busse ja häufiger fahren, relevanter ist. Trotzdem gab es immer wieder auch historische Ansätze, diese Technik für Lkw zu nutzen.

Der Einsatz von zweipoligen Pantografen ist also nur was für Autobahnen und Kraftfahrstraßen, auf denen ein Lkw selten zum Überholen ausscheren muss und ein Spurhalteassistent dafür sorgen kann, dass die Fahrlinie stets innerhalb der geringen Toleranz bleibt. Die Fahrleitung ist einfacher zu installieren als Induktion in der Fahrbahn und man kann auf Erfahrungen der Eisenbahn zurückgreifen, wenn auch mit Tücken: Wie oft werden Gleise mit Salz gestreut? Nie! Fahrbahnen aber schon, was mit dafür nicht ausgelegten Isolatoren durch salzhaltigen Sprühnebel zu Problemen führte. Die Technik ist auf eine Weiterverwertung nach den Tests ausgerichtet (die der Unterwerke bei Straßenbahnen), daher die relativ niedrige Spannung, die bei einem Dauerbetrieb wohl höher wäre.

Testfelder im realen Straßenbetrieb gibt es in Deutschland auf der A 1 bei Lübeck, auf der A 5 bei Frankfurt und eben auf der B 462 im Murgtal bei Bad Rotenfels. Dort auch mit einer Ampel auf der Strecke, wo dann auch kurz im Stand geladen werden kann, vorausgesetzt es konnte sanft genug gebremst werden, damit der Pantograf nicht vorsichtshalber absenkt. Automatisch abgesenkt wird er übrigens auch, wenn geblinkt und somit ein Spurwechsel geplant wird.

Die Testfelder standen wegen geringer Verfügbarkeit durch technische Probleme oder wegen geringem Interesses von Nutzern in der Kritik. Der direkte Vergleich mit anderen potentiellen alternativen Antriebstechniken scheitert oft an der mangelhaften rechtzeitigen Verfügbarkeit, ebenso bei Problemen an der Technik. Testbetrieb ist eben kein Massenbetrieb.

Eine Rückspeisung von Strom ins Netz und nicht nur in den Akku etwa beim Bremsen im Gefälle wäre möglich. Wenn beim Fahren geladen wird, braucht man den Strom in der Regel tagsüber und nicht in der nächtlichen Pause, Photovoltaik kann so also eine bevorzugte Stromquelle sein.

Wenn es gut läuft, kann pro Kilometer Fahren unter Oberleitung Strom für rund zwei Kilometer Fahrt ohne geladen werden. Reicht das nicht, sicher in der Übergangszeit oft der Fall, kann an Ladepunkten geladen werden oder man setzt Range Extender ein, einfache kleine Dieselaggregate, die den Strom für die Reststrecke produzieren.

Für einen effektiven Einsatz der Technik hält man Oberleitungen für mindestens 4.000 km nötig in Deutschland. Das deutsche Autobahnnetz war zum Vergleich 2023 13.172 km lang, hinzu kämen mindestens 3.350 km geeignete autobahnähnliche Straßen wie am Anfang des Murgtals. Ob es zum produktiven Einsatz kommt, hängt auch von unseren Nachbarländern ab, denn wir sind ein Transitland: Bspw. Österreich und die Niederlande sind auch am umweltfreundlichen Lkw-Transport interessiert, womit wir aber wieder am Anfang wären bei „Güter auf die Schiene“, denn dort hängt über diesem, ja recht langen Warenkorridor die Fahrleitung schon lange, nur über eindeutig zu wenigen Gleisen ... Man darf gespannt sein, was sich wann wo durchsetzt.

Wenn man den Wandel noch schaffen will, muss man aber parallel arbeiten. Weder darf man mit Verweis auf die vorhandene Schiene neue Technik bei Lkw vernachlässigen, noch umgekehrt den Schienenausbau, weil man ja nun die Autobahn elektrifiziert, und beide ersetzen nicht das Potential des Konsumwandels etc.

Heiko Jacobs

P.S.: Der LV macht öfters Exkursionen, auch die nächste ist in unserer Region:

13.9. Rastatt: Bergung Tunnelbohrmaschine

Es waren dramatische Bilder als die Rheintalstrecke im August 2017 absackte und wochenlang gesperrt werden musste. Die Tunnelbohrmaschine steckt immer noch fest, und wir wollen uns informieren, wie Bergungs- und Bauarbeiten seitdem vorankommen. Daher bietet der VCD Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit Pro Bahn Fr. 13.9.2024 eine Exkursion zur Tunnelbaustelle nach Rastatt an. Neben Besuch der Ausstellung und Vorträgen im Informationszentrum werden wir auch den Tunnel begehen. Anmeldung per E-Mail unter info@vcd-bw.de

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