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Das Seilbahnunglück im österreichischen Kaprun und die daraus resultierenden strengeren Sicherheitsauflagen des Landesamts für Geologie und Bergbau in Freiburg für die Standseilbahnen in Baden-Württemberg haben uns veranlasst, die infrage kommenden Bahnen einmal zu besuchen. Hier das Resümee.
Fangen wir mit den gefährdetsten an:
Die untere Standseilbahn vom Kornmarkt zur Molkenkur fährt schon seit 1962 mit sog. Großraumwagen (Fassungsvermögen 100 Personen), aber diese sind inzwischen auch schon wieder zu klein geworden für den jährlichen Fahrgastandrang von ca. 600.000 Personen, so dass der Betrieb am 31.10.2003 eingestellt wird, die Bahn umgebaut und den neuesten Sicherheitsbestimmungen angepasst wird, neue noch größere und behindertengerechte Wagen mit besserem Brandschutz beschafft werden und im Frühjahr 2004 wird dann der Fahrbetrieb wieder aufgenommen.
Schlechter sieht es mit der oberen Bergbahn, der Königstuhlbahn aus. Sie wurde 1907 erbaut, wohl immer sorgfältig gewartet aber kaum den neueren Sicherheitsbedingungen angepasst, so dass sie leider in diesem Jahr am 30.4. eingestellt werden musste. Die Beförderung der Fahrgäste wurde inzwischen von Omnibussen übernommen. Die Auflagen des Landesamts in Freiburg lauten: Antrieb, Bremsen und Fahrzeuge erneuern. Als man damit an die Öffentlichkeit trat, gab es vorallendingen wegen der Abschaffung der historischen Fahrzeuge Proteste aus der Bevölkerung, die zu Unterschriftensammlungen führte. Inzwischen sieht auch die Heidelberger Straßenbahn, die Betreibergesellschaft der Bergbahnen, ein, dass aus touristischen Gründen die alten Wagen erhalten bleiben sollten. Man ist jetzt bei der HSB dabei mit einer Waggonbaufirma und dem Landesamt in Freiburg ein gemeinsames Konzept zu entwickeln, wie man die alten Fahrzeuge erhält, sie aber mit einer neuen Technik ausrüsten kann. Umbaukosten für alles: 7 Mio. EUR. Wann die Bahn wieder in Betrieb gehen kann, ist bis jetzt noch offen.
Das Schicksal einer Stillegung drohte auch der Standseilbahn, die in Stuttgart vom Südheimer Platz zum Waldfriedhof fährt; sie gilt übrigens als Straßenbahnlinie und kann mit VVS-Fahrkarten benutzt werden.
Die Betriebserlaubnis dieser Bahn lief am 30.6. ab. Aber fest steht auch bei der Stuttgarter Straßenbahn (SSB), dass die Standseilbahn erhalten bleiben soll. Die Modernisierung kostet ca. 3 Mio. EUR. Es müssen wie in Heidelberg Antrieb, Bremsen und Elektrik erneuert werden. Die Holzwagen (Baujahr 1928) können erhalten bleiben, müssen aber mit Sprechanlage, Notausstieg und einer Notstromversorgung ausgerüstet werden. Der entsprechende Umbau soll jedoch erst im Herbst beginnen. In letzter Minute erteilte die Aufsichtsbehörde eine Ausnahmegenehmigung für die Fortsetzung des Betriebs bis zum 3. 11.2003. Diese Genehmigung ist allerdings an Auflagen geknüpft. Es muss umgehend eine Revision durchgeführt werden, dabei ist das Seil auszutauschen. Und das Platzangebot der beiden Wagen wird von 74 auf 35 Personen heruntergesetzt. Grundsätzlich wird aber darüber nachgedacht, für die Seilbahn eine eigene Betreibergesellschaft zu gründen um mehr Transparenz für die Sonderlast zu erreichen (SSB). Und um etwas Geld zu sparen, sollen die Betriebszeiten in den Randstunden gekürzt werden. Das Defizit beträgt jährlich immerhin 900.000 EUR.
Nicht von Stillegungen bedroht sind die restlichen Standseilbahnen in Baden-Württemberg:
Die Sommerbergbahn in Bad Wildbad will die ihr gemachten Auflagen aus Freiburg nach und nach erfüllen. Bei der Turmbergbahn in Karlsruhe gibt es, wenn überhaupt, auch nur geringen Nachrüstungsbedarf. Sie ist immerhin die älteste noch in Betrieb seiende Standseilbahn in Deutschland. Baujahr 1888, 1966 wurde sie vom Wasserbetrieb auf elektrischen Antrieb umgestellt.
Die beiden jüngsten, vollautomatischen Standseilbahnen, die in Künzelsau (Baujahr 1999) und die in Bad Herrenalb, die Falkenburg-Bergbahn, die einem Schrägaufzug sehr ähnelt (Streckenlänge 117 m bei einer Steigung von 64%) sind natürlich auch die sichersten.
Als letztes die Merkurbergbahn in Baden-Baden. Sie gilt heute ebenfalls als eine der sichersten im Land. Der Innenraum der zwei Wagen wurde 2002 mit schwer entflammbarem Material ausgebaut, es wurden ein Notausstieg und ein Rauchmelder eingebaut und 2003 noch eine Baumfallsicherung. Die Vollautomatik ermöglicht es dem Fahrgast die Bahn mit eigenem Fahrbefehl selbst zu betreiben oder sie wird bei großem Andrang im Taktbetrieb gefahren. Zum Schluß noch eine Einladung: Die Merkurbergbahn ist dieses Jahr 90 Jahre alt. Das Jubiläum wird vom 19.7. bis 23.7. auf dem Merkur in BadenBaden gefeiert. Lesen Sie hierzu bitte den Beitrag "90 Jahre Merkurbergbahn in Baden-Baden."
Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 2/03
Stand des Artikels: 2003! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.