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Wie bei vielen Verkehrsprojekten wird auch über die Verlängerung der Turmbergbahn in der Öffentlichkeit heftig diskutiert. Auch innerhalb der Mitgliedschaft von BUZO und VCD gehen die Meinungen auseinander. Mit den einander gegenübergestellten Beiträgen möchten wir beiden Standpunkten Rechnung tragen.

CONTRA & PRO

Die Bürgerinitiative gegen die Verlängerung samt Petition:
zukunft-turmbergbahn.de
Bürger-Info der VBK zum Umbau:
vbk.info/unternehmen/news/detail/buerger-info-zum-umbau-der-turmbergbahn.html

Nein zur Verlängerung der Turmbergbahn

Kreuzung mit Villen vor der Talstation (Treppe rechts); Foto: Hero Gnam
Freihaltetrasse als Grünfläche; Foto 2016: Heiko Jacobs

Kurz vor der jetzigen Talstation, besonders schön nach einem Gang durch die Weinberge wieder die Turmbergstraße heruntergehend, eröffnet sich dem Fußgänger ein Blick auf einen ungewöhnlichen Platz: Fünf bisher noch wenig befahrene Straßen formieren einen Stern mit ausgesparter Mitte, flankiert von einer Jahrhundertwendevilla Ecke Kastellstraße und einer Litfaßsäule, Platanen in der Posseltstraße. An diesem Platz befindet sich die Talstation der Bergbahn.

Hat man das Vergnügen im Frühling zu kommen, schaut man auf einen Streifen Wiese mit blühendem Magnolienbestand bis hinunter zur verkehrsreichen B 3 an der Straßenbahn- Endstation. Noch ein, zwei Jahre ist die alte Turmbergbahn in Betrieb, mit einem Schaffner, der noch persönlich die Fahrtkarten kontrolliert. Das alles hat seinen eigenen Zauber, den Fußgänger und die durchaus überschaubare Zahl von Ausflüglern nützen.

Nun soll das einer modernen Anlage weichen, die von der Endstation an der B 3 die Besucher und Besucherinnen sofort auf die Turmbergterrasse schleust, fahrerlos und für eine sehr hohe Zahl von Turmbergtouristen berechnet, die nicht nur scharenweise anreisen, sondern es anscheinend auch sehr eilig haben müssen, folgt man den Argumenten der Befürworter. So eilig, dass sie die sieben Minuten Fußweg zur Talstation und die Fahrt selbst, die man ja eigentlich zum Genuss unternimmt, auf dreieinhalb Minuten heruntergebrochen bekommen. Oben angekommen, wird es dann eng, denn wenn tatsächlich der angestrebte „Durchsatz“ erreicht wird, haben wir es mit 840 Touristen und Touristinnen pro Stunde auf dem Turmberg zu tun. Wo nur hin mit ihnen allen? Und sollten sie die Nacht durchfeiern, die neue Bahn soll ja Tag und Nacht fahren können, damit sich der Aufwand rechtfertigen lässt? Wollen wir großen Bahnhof für den Turmbergtourismus mit Influencern, die Fotos vom Turmberg und der Bahn posten, damit die Massen kommen? All das wird ein Stück weit suggeriert, wenn man von einem echten Bedarf nach einem solchen Großprojekt ausgeht.

Fördert den öffentlichen Nahverkehr, hieß es einst und jetzt, zu Recht. Aber eines der obersten Prinzipien von Bauvorhaben und erst recht im Verkehrsbereich ist die Angemessenheit. Und dazu gehört nicht nur der Blick auf die Kosten und dass man einfach mitnimmt, was man ergattern kann, wenn die Landesregierung in Stuttgart schon einmal bereit ist, in das nicht immer auf Augenhöhe gesehene Karlsruhe kräftig zu investieren. Schon sind die projektierten Kosten innerhalb von acht Jahren, seit denen man sich mit einer Abschätzung beschäftigt, von den anfangs angenommenen 14 Millionen auf 21 Millionen Euro hochgeschnellt. Groß sind die Erwartungen an die Bereitstellung möglicher Landesmittel, die Verkehrsbetriebe gehen sehr optimistisch davon aus „nur“ ein Viertel der Baukosten selbst tragen zu müssen. Muss man tatsächlich ausgerechnet unsere Verkehrsbetriebe daran erinnern, dass Baukosten wegen diesem und jenem Ungemach sehr schnell steigen können? Und auch die Finanzen des Landes wachsen nicht auf den Bäumen, sondern werden von Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen, also uns allen, bestritten. Finanzbedarf gibt es an allen Ecken und Enden, nicht erst seit Pandemiezeiten, aber jetzt stellt sich die Frage natürlich verschärft. Obendrein: Bleiben Großbauprojekte, was das Finanzielle und die Zeitdauer anbelangt, jemals im angestrebten Bereich? Ob wir auf unsere U-Strab schauen oder nach Stuttgart — es spricht nichts dafür, dass ausgerechnet bei der Turmbergbahn auf einmal (um ein Drittel haben sich die Planzahlen ja bereits in den vergangenen Jahren erhöht) alles ohne großzügige Ausdehnung des derzeitig vorgesehenen Kosten- und Zeitbudgets verlaufen wird.

Welche Folgen haben ökologische und städtebauliche Eingriffe in Hinblick auf die Lebensqualität des Quartiers? Das Projekt muss sich der Frage nach der Angemessenheit stellen. Ist es sinnvoll, die Anwohner südwestlich der heutigen Talstation, die zu Fuß zum Friedhof möchten, entweder entlang der vielbefahrenen B 3 zu schicken oder sie durch eine Fußgängerunterführung zu leiten? Fußgängerunterführungen sind ungefähr ebenso selten Wohlfühlorte wie die Kosten für Großprojekte im für sie vorgesehenen Rahmen bleiben. Und hat man nicht immer wieder Fußgängerunterführungen wegen der damit verbundenen Probleme geschlossen, wie zum Beispiel die Unterführung an der Endhaltestelle Durlach oder einige andere in Karlsruhe? Sollte man auf Blickachsen, die städtebaulich eine immense Rolle spielen, verzichten, kleine erholsame Plätze zugunsten der Vision von einer langen, vielbeachteten, fahrerlosen Bahn mit zwei Meter hoher Umzäunung zerstören? Die Idee für eine Verlängerung der Turmbergbahn liegt Jahrzehnte zurück — und einfach so als Traum mochte sie in der Vorstellung ja einen gewissen Reiz gehabt haben. Aber die praktische Umsetzung wäre hier wie so oft bei Träumen, nicht nur ernüchternd, sondern fatal. Die eigentliche Grundidee, den kleinen Fußweg von der B 3 zur Talstation, den Berg hinan, denjenigen, für die das schwierig sein könnte, also stark Gehbehinderte zu erleichtern, ist natürlich völlig in Ordnung. Mit einem kostengünstigen Shuttlebus wäre das leicht zu haben. Und unsere alte Turmbergbahn, für die die Genehmigung 2022 ausläuft, ließe sich auch für erheblich weniger Kosten sanieren. Das würde rein ökologisch gesehen sinnvoller sein, weil dazu keine Bäume gefällt werden müssen.

Der Ortschaftsrat hat dem Projekt zugestimmt, es war ja mal ein alter Traum, auch von grüner Seite, die Turmbergbahn zu verlängern und wohlige Träume muss man auch nicht wirklich durchdenken, sonst verlieren sie ihren Traumcharakter. Der Gemeinderat stimmte zu, weil der Ortschaftsrat zustimmte, die grüne Landesregierung stimmt zu, weil die vorigen Instanzen sich das so wünschten. Es wäre also gut, aufzuwachen. Eine Petition gegen diesen herannahenden Alptraum ist in die Wege geleitet.

Hero Gnam

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/21

Stand des Artikels: 2021! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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