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Helmuth Wüstenhagen (Mitte) und Volkhard Jung (rechts) bei der Erörterung der OMW-Erweiterung in der Schwarzwaldhalle im Juni 1973; Fotos: BUZO | |
Protestaktion von Teilnehmern des KFZAK vor dem Gelände der Versuchs-Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe | |
Ausstellung „Bücher über Umweltschutz“ des Börsenvereins des deutschen Buchhandels |
Wir können es selbst kaum glauben, aber die Bürgeraktion Umweltschutz Zentrales Oberrheingebiet gibt es tatsächlich schon seit 50 Jahren. Am 20.4.1971 gründeten Helmuth Wüstenhagen und seine Mitstreiter die BUZO, Anlass waren die vielen zerstörerischen Vorhaben in den Rheinauen, besonders die Erweiterung der OMW (Oberrheinische Mineralölwerke). Unsere Gründerinnen und Gründer waren Pioniere der Umweltbewegung. Die Ölkrise von 1973 war noch weit entfernt und der Club of Rome veröffentlichte die „Grenzen des Wachstums“ erst ein Jahr später. Die große Mehrheit der Menschen damals setzte auf den Fortschritt und war bereit, dafür vieles in Kauf zu nehmen. Zwar waren viele Vorhaben noch nicht gebaut und der ökologische Fußabdruck durch den Konsum viel geringer als heute, aber das allgemeine Lebensgefühl war ein Gefühl des Aufwärts, hin zu mehr Konsum, breiteren Straßen und größeren Häusern. Die Verluste an Natur und Ressourcen wurden als leider notwendig akzeptiert. Wenige wie Helmuth Wüstenhagen erkannten den Irrweg und engagierten sich dagegen.
Die Zahl der Mitstreiter wuchs schnell, immer mehr Menschen stellten ökologische Fragen. Helmuth Wüstenhagen gründete den Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz und war bald dessen erster Vorsitzender. Büro und Zentrale von BUZO und BBU waren sein Reihenhaus im Schliffkopfweg in der Heidenstückersiedlung. Seit 1972 wurde die Zeitschrift „Der Umweltschutz“ mehrmals im Jahr herausgegeben, es ist die Vorgängerin der Umwelt & Verkehr, sie erscheint mit veränderten Formen und Namen seit damals ununterbrochen. Gerade in den 70er Jahren mit im Vergleich zu heute schwierigeren Informationswegen war „Der Umweltschutz“ ein ganz entscheidendes Mittel im Kampf für Natur und Umwelt. Welche Arbeit alleine die Erstellung der analogen Druckvorlagen mit der Schreibmaschine und gerasterten Bildern machte, können wir uns heute kaum mehr vorstellen.
Ökologisch brannte es an vielen Stellen. Ein Schwerpunkt war der Erhalt der Rheinauen, die durch Pläne zur Erweiterung der OMW, zum Bau einer weiteren Staustufe bei Neuburgweier und zum Bau zweier Atomkraftwerke bei Neupotz und Philippsburg bedroht waren. Das AKW Philippsburg konnte leider nicht verhindert werden, aber auch das ist inzwischen abgeschaltet. Hier ist schon das zweite große Thema mit dabei, der Kampf gegen die Atomkraft, vor allem auch gegen Aktivitäten des Kernforschungszentrums KFZ (heute KIT Campus Nord). Von 1982 bis 1992 gab es den sehr aktiven BUZO-Arbeitskreis gegen das Kernforschungszentrum Karlsruhe (KFZAK). 1974 deckte er auf, dass das KFZ zehn Jahre lang radioaktiven Müll einfach auf gewöhnlichen öffentlichen Müllkippen abgelagert hatte, dies fand bundesweit große Beachtung. Das Bild links zeigt eine Protestaktion von Teilnehmern des KFZAK vor dem Gelände der Versuchs-Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe (WAK) mit Hinweis auf die Gefahren, die von den sechs weltweit bestehenden WAAs ausgehen. Ganz rechts im Bild der damalige Hauptaktive Hans Blöchle.
Der Kampf gegen die Atomkraft lenkte schon früh den Blick auf regenerative Energien, vor allem die Solarenergie. Schon 1977 gab es einen Arbeitskreis Sonnenenergie, der Vorträge organisierte und im „Umweltschutz“ Fakten zur Solarenergie vermittelte.
Seit 1979 wurde das Thema Verkehr bearbeitet. Der Einsatz für mehr ÖPNV und für Verbesserungen für Fußgänger und Radfahrer ist immer noch bitter nötig, hat aber auch sehr viele Erfolge vorzuweisen. Die vielen Verbesserungen im ÖPNV wurden stets kritisch begleitet, ob Ausbau des Stadtbahnnetzes oder Einführung der Umweltkarte. Gekämpft hat die BUZO gegen zahlreiche Straßenneubauten wie den Neubau der L 560 durch den Hardtwald, die Nordtangente oder die 2. Autorheinbrücke. Die Nordtangente durch den Hardtwald konnte verhindert werden, die 2. Autorheinbrücke steht zwar leider noch sehr konkret im Raum, aber es konnten wesentliche Verbesserungen erreicht werden. 1985 war die BUZO sogar mit der Protestaktion „Das goldene Kalb“ vor der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt präsent.
Von Anfang an ein Schwerpunkt war die Umweltberatung, Information über die großen Themen und ganz wichtig zu dem, was jede und jeder selbst tagtäglich tun kann. 1977 wurde das Umweltzentrum in der Kronenstraße 9 bezogen, der damalige Vorsitzende Frank Peter Bub initiierte dort fast jährlich die Ausstellung „Bücher über Umweltschutz“ des Börsenvereins des deutschen Buchhandels.
In dieser Zeit wurde auch das Thema Umwelt & Chemie wichtig. Die „AG Wasser“ wurde gegründet und später wegen der Erweiterung des Themas in „AG Wasser, Luft, Chemie“ (AG WLC) umbenannt. Zwei Hauptthemen waren z. B. Abfall / Müllvermeidung und Wassergefährdung durch Streusalz.
Seit 1993 sorgten im Umweltzentrum sechs gute Geister für Qualität und Kontinuität, zur Zeit ist das Mari Däschner. Seit 1993 unterstützt die Stadt Karlsruhe unsere Umweltberatung finanziell.
Die BUZO war immer mit ganz vielen anderen engagierten Gruppen unterwegs. Das Umweltzentrum wurde im Laufe der Jahre auch das Büro anderer Gruppen und Treffpunkt für viele Initiativen. Wir danken allen Mitstreiter*innen und Unterstützer*innen aus dieser langen Zeit, ohne euch wären die Erfolge nicht möglich gewesen. Wir haben zusammen gekämpft, gelacht, gestritten und auch die Wunden geleckt. Klimawandel, Verkehrswende, Erhalt der biologischen Vielfalt heißen heute die Herausforderungen, und doch sind es dieselben wie vor 50 Jahren. Wir hoffen, dass es die BUZO noch lange geben wird, und dass die nächsten Generationen unsere Arbeit fortsetzen und durch ihre eigene Perspektiven ergänzen werden. Da unserem Verein schon jetzt eine Verjüngung gut täte, möchten wir alle Umweltbewegte dazu aufrufen, sich bei uns zu engagieren und als neue Mitglieder die Zukunft der BUZO mit zu gestalten!
Natürlich wollen wir das Jubiläum mit vielen Mitstreiter*innen und Gästen feiern und hoffen sehr, dass das im Herbst wieder möglich ist. Wir planen dazu eine Ausstellung und würden uns daher über Geschichten, Dokumente und Bilder von unseren Mitgliedern und Weggefährten freuen. Schaut doch bitte mal in Euren alten Unterlagen nach und meldet euch bei uns. Das wäre eine tolle Bereicherung des Jubiläums. Auf unserer Internetseite www.buzo-ka.de informieren wir über den aktuellen Stand unserer Planungen.
Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/21
Stand des Artikels: 2021! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.