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Durchschnittliche jährliche Anzahl der Tage mit Wärmebelastung (PMV) im Gebiet des NVK für die Dekaden 2001-2010, 2046-2055 und 2090-2099;
© Nachbarschaftsverband Karlsruhe und GEO-NET Umweltconsulting GmbH, Hannover |
Bezahlbarer Wohnraum und eine lebenswerte Umwelt — in Karlsruhe wird das immer mehr zum Widerspruch. Die Region boomt, wie alle Ballungszentren in Baden-Württemberg. Gleichzeitig steigen die Mieten und die Zahl freier Wohnungen nimmt ab. Die Kommunen sehen hier ein „Naturereignis“, dem sie mit mehr Wohnungsbau und mehr Gewerbeflächen gerecht werden „müssen“. Doch hier liegt ein grundlegender und fataler Fehler unserer Regionalplanung: Wachstumszentren wachsen auf Kosten ärmerer Regionen — ein Teufelskreis!
Außerhalb der Ballungszentren und vor allem in strukturschwachen Bundesländern schließen Unternehmen und in der Folge Schulen, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen. Während dort immer mehr Wohnungen leer stehen, werden bei uns verzweifelt Flächen für den Wohnungsbau gesucht. Dafür bleiben zwangsläufig nur die letzten Grünzäsuren zu den Ortsteilen am Stadtrand.
Die Folgen der Versiegelung zu vieler Flächen sind gravierend und unumkehrbar: Die heutigen Grünflächen bewirken in den Sommernächten eine Abkühlung der Luft, die auch zu einer Abkühlung der benachbarten bebauten Bereiche führt. Sie lassen auch das Einfließen kühlerer Luft aus dem Umland zu. Versiegelt man diese Flächen, so erhöhen sich auch die sommerlichen Nacht-Temperaturen in den Stadtteilen, die an sie angrenzen.
Die letzten Grünflächen zwischen den Stadtteilen haben deshalb eine extrem hohe mikroklimatische Bedeutung. Die Zunahme der Wärmebelastung ist nämlich nicht nur durch den Klimawandel bedingt. Die Erhöhung der Durchschnittstemperatur geht in den Stadtzentren deutlich über die durch den Klimawandel erwartete Erwärmung hinaus. In Computermodellen wird in den nächsten 100 Jahren fast eine Verdopplung der Tage mit Wärmebelastung prognostiziert.
Was ist so schlimm an höheren Temperaturen? Was zunächst eher angenehm erscheint, zeigt sich in Karlsruhe heute schon als Problem. Hitze ist ein Stressfaktor und besonders ältere Menschen leiden darunter. Die Ausgleichsmechanismen der Umwelt funktionieren am Ende nicht mehr, so dass die Lebensqualität merklich sinkt. Doch dann ist es zu spät, da einmal bebaute Wohngebiete nicht wieder „renaturiert“ werden. Das Gesundheitssystem muss es am Ende abfedern.
Dem Teufelskreis aus Wirtschaftswachstum, Zuzug, Siedlungsentwicklung und weiterem Wirtschaftswachstum wird derzeit nichts entgegengesetzt. Die regulierende Wirkung von Angebot und Nachfrage wird durch verstärkten Wohnungsbau ausgesetzt. Zugegebenermaßen sollen Mieten und Preise von Eigentumswohnungen nicht ins Unermessliche steigen. Doch dieses Problem kann nicht lokal gelöst werden. Hier ist die Bundespolitik gefragt, regulierend einzugreifen. Eigentlich dürfte das auch nicht so schwer sein, da unsere Vertreter im Bundesrat und Bundestag immer auch regional verwurzelt sind. Dass sich daran nichts ändert, lässt sich nur dadurch erklären, dass die Vertreter der Ballungsräume die Zusammenhänge nicht erkannt haben oder nicht erkennen wollen.
Die BUZO fordert daher auf, dass Kommunen, Länder und Bund gemeinsam eine Lösung erarbeiten, die schon bald zu einem Stopp dieses Teufelskreises führt. Ansätze gibt es viele: Gewerbesteuer, Grundsteuer, Bund-Länder-Finanzausgleich, Fördermittel zur Wirtschaftsentwicklung strukturärmerer Regionen, Angleichung von Gehaltsunterschieden, usw.
Nur durch einen grundlegenden Umbau der Struktur der Regionalplanung kann auch bei uns der Erhalt der Lebensqualität und die Sicherung bezahlbaren Wohnraums ermöglicht werden. Unbegrenztes Wachstum führt hingegen zu einer unumkehrbaren Überforderung unserer Umwelt.
Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/18
Stand des Artikels: 2018! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.