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Tivoli einst und jetzt; Fotos: Wolfgang Melchert

Und wieder ging ein kleines Stadtbiotop verloren — ein Nachruf

In unseren geplanten und gestalteten Städten gibt es öffentliche Grünflächen fast nur noch in Form von kurz gemähten Rasenflächen mit einigen Bäumen. Nur selten bleibt eine Fläche frei von gestalterischen Eingriffen, so dass sich die Natur frei entfalten kann. Eine solche Naturfläche gab es am Tivoliplatz zwischen der Straße und dem Bahndamm. Hier konnte sich die Natur über viele Jahre ungehindert und üppig entfalten und es entstand ein wunderbares Biotop:

Nach oben wuchsen viele Baumarten um die Wette: Eschenahorn, Götterbaum, Silberpappel, Weide, Birke (die Weide hat knapp gewonnen vor dem Eschenahorn). Im mittleren Höhenbereich entfaltete sich die im Herbst herrlich blühende Buddleja (Schmetterlingsflieder) und die Brombeere, und am Boden fand man die Kreuzwolfsmilch, Nachtkerzen, Königskerzen, Graukresse, Distelgewächse und die das ganze Jahr üppig blühende Feinstrahl-Blume. Sogar Sonnenblumen waren zu finden. Inmitten dieser üppigen Pflanzenwelt tummelten sich viele Tiere: Vögel, die auch dort brüteten, Eidechsen, und eine Vielzahl von Insekten, die die blühenden Pflanzen besuchten. Das Zirpen der Grillen war im Herbst weithin zu hören. Und all dieses Leben funktionierte ganz ohne Gartenbauamt! Welch ein Kontrast zum kurz gemähten Rasen auf dem gegenüber liegenden Tivoliplatz, die aus biologischer Sicht eher eine Wüste darstellt.

Jetzt wurde die Fläche komplett gerodet, damit dort ein 5-stöckiges Haus gebaut werden kann. Auch ein großer Teil der hohen Bäume am Bahndamm, zumeist Robinien, wurden entfernt. Natürlich kann man zu Recht sagen, dass in einer Stadt Häuser Vorrang haben, und dass eine "Nachverdichtung" auf frei gebliebenen Flächen besser ist als ein weiteres Wachstum der Stadt ins Umland. Aber schade ist es doch! Man sollte bei allen Diskussionen um Großprojekte wie den Nationalpark Schwarzwald nicht vergessen, welchen Wert auch die kleine Natur direkt vor der Haustür haben kann.

Wolfgang Melchert

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/14

Stand des Artikels: 2014! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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