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Die ersten Schienen liegen im Lohn-Lissen-Grünzug -- Februar 2003

Geschichte

Seit mehr als einem Jahrhundert prägen die öffentlichen Verkehrsmittel und insbesondere die Straßenbahnen das Bild der Städte. Allerdings, in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg verlor sie vielerorts nach Beginn der Massenmotorisierung an Bedeutung. Strecken und ganze Netze wurden auf Bus umgestellt oder die Bahn in den Untergrund verbannt. Das Auto forderte seinen Tribut! Die Straßenbahn wurde verstärkt als Verkehrshindernis gesehen und ihre Lobby war vielerorts zu schwach, um sie zu erhalten.

Aber nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland blies der Tram ein rauer Wind entgegen. Frankreich brachte es zu einem traurigen Rekord: Alle Straßenbahnenbetriebe der gesamten Republik wurden stillgelegt. Heute besinnt man sich wieder eines Besseren und führt die Tram in vielen Städten wieder ein. Vorreiter war Straßburg, dessen neue Straßenbahn in der Bevölkerung einen großen Sympathiewert besitzt und deshalb weiter ausgebaut wird. Straßburg wurde zum Vorbild für die Renaissance der Straßenbahn in Frankreich. Vielleicht stand die Nachbarstadt Karlsruhe Pate für diese Entwicklung.


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Brief an die Stadtverwaltung -- 23.7.1983

Denn Karlsruhe machte den Fehler der Stilllegung nicht. Auch hier gab es in den Nachkriegsjahren Diskussionen um eine Abschaffung, doch konnten diese rasch beendet werden. Im Gegenteil, man setzte auf die Straßenbahn, modernisierte und baute das Netz weiter aus. Neue Stadtteile, der erste war die Waldstadt, wurden an das Netz angebunden. Andere Stadtteile folgten. Immer mit großem Erfolg, was allmählich auch die Politiker hellhörig machte, so dass sich das Karlsruher Straßen- bzw. Stadtbahnnetz kontinuierlich weiter ausdehnte und feinmaschiger wurde. Seit der Verknüpfung mit dem Netz der AVG und später auch dem DB-Netz und der damit immer weiteren Ausdehnung in die Region (Karlsruher Modell), stiegen die Fahrgastzahlen noch deutlicher. Die Erweiterung schien sich zu einem Selbstläufer zu entwickeln. Salopp wurde vom damaligen Karlsruher Oberbürgermeister formuliert, dass der Ludwig erst aufhöre, wenn er in Paris oder Berlin angekommen sei. Vielleicht kamen durch diese Erfolge in der Region die Karlsruher Stadtteile etwas ins Hintertreffen. Auf jeden Fall waren zwei nicht unbedeutende Stadtteile Durlach-Aue und Wolfartsweier immer noch nicht an das Straßenbahnnetz angeschlossen, als der Verfasser, damals aktives Mitglied in der Bürgeraktion Umweltschutz Zentrales Oberrheingebiet, begann, sich um den Anschluss der genannten Stadtteile zu kümmern. Ein Schreiben an die Stadtverwaltung sollte der Startschuss sein. Doch die Antwort durch Bürgermeister Gauly, dem damaligen Verkehrsdezernenten, war ernüchternd und eigentlich auch entmutigend:


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Antwort durch Bürgermeister Gauly -- August 1983

"So einfach ist das nicht: da hat jemand einen Einfall (eine Idee mag man so etwas nicht nennen), dann macht man einen Strich in den Stadtplan, veranstaltet eine Ortsbegehung, schickt den Einfall an die Stadtverwaltung ... und erwartet, daß die Straßenbahn 'möglichst bald' in die angegebene Richtung fahren wird."

Damit wurde am 2. August 1983 die AG Verkehr in der BUZO vom damals zuständigen Dezernenten für die Verkehrsbetriebe, Bürgermeister Kurt Gauly, abgefertigt. Und weiter wird in diesem Schreiben Altbekanntes der BUZO mitgeteilt:

"Wissen Sie immer noch nicht, daß die Schienenstrecken den Entwicklungsachsen vorbehalten bleiben müssen? Nehmen Sie nicht zur Kenntnis, daß die Deutsche Bundesbahn, die im ÖPNV jährlich rund 4 Mrd. DM Defizit einfährt, sich aus der Flächenbedienung per Schiene Schritt für Schritt zurückziehen muß, um nicht zahlungsunfähig zu werden? ... Haben Sie Ihren eigenen Vorschlag mit der m.W. bei Ihrer Bürgeraktion noch bestehenden Arbeitsgemeinschaft Umweltschutz abgestimmt? Haben Sie übersehen, daß die als erste Teilstrecke zu errichtende Trasse durch die Ernst-Friedrich-Straße nur durch Beseitigung einer in der Mitte der Straße befindlichen Baumallee erfolgen könnte? ... Es gehört zu den Daueraufgaben der Verkehrsbetriebe Karlsruhe, die einzelnen Linienführungen zu optimieren. Insofern sind sie für brauchbare Vorschläge immer dankbar. Ihr jüngster Vorschlag eignet sich aber für eine solche Linienverbesserung nicht."

Immerhin, 20 Jahre später wurde der Vorschlag fast bis ins kleinste Detail umgesetzt.

Es war ein langer Weg, der Verfasser wurde Stadtrat der Grünen und konnte natürlich in diesem Amt erfolgreicher für die Bahn werben. Viele Verbündete in der Politik gab es anfangs nicht, möglicherweise lag es daran, dass das Auto das Denken mancher Politiker beherrschte, oder daran, dass die Grünen in den 80iger Jahren noch nicht salonfähig waren, oder an beidem. Als der damalige Vorsitzende der SPD-Durlach auf das Vorhaben angesprochen wurde, antwortete dieser: "Brauchen wir nicht!" Offener gestalteten sich die Gespräche mit der CDU. Zwischen Grün und Schwarz herrschte bald viel Harmonie, wenn es um die Bahn ging. Man war sich deshalb in vielem schnell einig und ergänzte sich.

So fand es CDU-Stadt- und Ortschaftsrat Wolfram Jäger sinnvoll, dass an der Anschlusskreuzung Ernst-Friedrich-Straße/Pfinztalstraße (Stachus) auch ein Abzweig Richtung Durlach eingebaut werden müsse. Das Beharren Jägers auf diesem Anschluss ermöglicht jetzt die erste eigene Linie für Durlach, die Linie 8!

Allmählich erkannten auch die anderen Parteien, dass sich in Sachen Straßenbahn nach Aue und Wolfartsweier etwas bewegte. Immer noch zurückhaltend, unterstützten jetzt auch die SPD, die eine andere Variante bevorzugte, und die FDP das Vorhaben, sodass die Stadtverwaltung und die Verkehrsbetriebe gar nicht mehr anders konnten als die Planung voranzubringen. Dass den Verantwortlichen immer wieder Druck gemacht werden musste, war klar. Manchmal wurde der Druck auch parallel ausgeübt, d.h. ein Brief ging an den Oberbürgermeister und zeitgleich ein zweiter an den zuständigen Dezernenten. Die Antworten waren dann auch manchmal vollkommen voneinander abweichend. Im Februar 1989 antwortete der Autor dann dem Oberbürgermeister folgendermaßen:

...Etwas verwundert bin ich über die Tatsache, dass Ihre Beantwortung inhaltlich in keinster Weise mit den Antworten Ihres Ersten Bürgermeisters, die ich der Presse vom 2.2. entnahm, übereinstimmt. Während Sie von einer Überlastung der "leitenden Herren der Verkehrsbetriebe" bei der Planung sprechen und außerdem die angespannte Finanzlage der Stadt erwähnen, wurden anscheinend im Dezernat II und bei den VBK doch eingehendere Untersuchungen angestellt, denn laut Presse "gestalte sich die Suche nach einer guten und auch durchführbaren Lösung sehr langwierig".


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Artikel in den BNN -- 14.1.1987

Wenn dann Grüne und CDU wieder gemeinsam aktiv wurden gab es auch den einen oder anderen Artikel zum Schmunzeln:


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